DIALEKT

"Wie´s iebern Knurpl rullt!"
Unsere Sprache ist, wie schon erwähnt, außergewöhnlich. Der Oberlausitzer Dialekt ist, wenn er richtig gesprochen wird, für Außenstehende kaum zu verstehen und es kann zu argen Verständigungsproblemen kommen, wenn man z.B. einen älteren Dorfbewohner nach dem Weg fragen möchte.

Aber da haben wir´s schon: Der Dialekt wird in seiner reinen Form lediglich noch von den Älteren gesprochen; bei den jungen Leuten hat vor allem durch die Massenmedien nach und nach ein relativ "normales" Deutsch Einzug gehalten. Das einzige Merkmal, dass bei den Jüngeren noch auf den Oberlausitzer Dialekt hinweist, ist, dass die Aussprache etwas "labbrich" klingt.
Die jungen Leute, die nicht in engem Kontakt mit ihren Großeltern aufgewachsen sind, können den Dialekt höchstens noch verstehen, aber bis auf einige Wörter nicht mehr sprechen. Einige dieser beliebten urigen Wörter bzw. Redensarten sind z.B. "darnohoarne" für "nachher" oder "Tutch oack roahaln" ("Beeil dich", wörtlich: Tu dich nur ranhalten), "Oack ne jechn" für "Keinen Stress bitte!" oder "Oabrnmauke" für Kartoffelbrei.
Dabei wird das r gerollt wie im amerikanischen Englisch.

Viele Besucher der Oberlausitz können sich ein lautes Lachen kaum verkneifen, wenn sie unsere Sprache zum ersten Mal hören. Es klingt wirklich seltsam, und viele denken, sie werden veralbert.
Einige Mundartforscher wie z.B. Herbert Andert versuchen seit Jahren, unseren Dialekt in Gedichten und Geschichten zu verschriftlichen, um ihn für die Nachwelt festzuhalten. Leider hatten Germanisten daran bisher recht wenig Interesse, lediglich lokale Vereine pflegen den Dialekt in Theaterstücke o.ä. Zu bemerken sei, dass es Unterschiede in der Aussprache zwischen verschiedenen Dörfern/Gegenden gibt; am ursprünglichsten ist der Dialekt im Raum Ebersbach, wie Bihms Koarle einst feststellte.

Hier nun einige Beispiele für unsere Mundart. Beim Lesen versteht man vielleicht sogar noch einiges:

Unsis Taubmheem
Wu dr Taubmbarg su as Toal reiguckt
und dr Wachebarg groade rüberhuckt
und de Spraa, die schlängltch su an Toale hie
kee schinner Fleckl gibt´s gleebch goar kees mie.

Ob dr Grünhutt oder is Niederdurf,
ob Neutaubmheem oder´s Aberdurf,
ganz eitierlich stitt dr do su Haus a Haus
´s ganze Durf, doas sitt su friedlich aus.

Giste zun Obde amol su´n Guttwaig raus,
uff dr Bank uhm an Busche rugste a bissl aus,
und du guckst amol su an Toale hie,
do ward dr glei ims Harze, weeßt ne wie.
An Gedankn kimmt drsch sachte ei,
doaß doas su is und´s bleibt o su drbei.

Froit do enner amol, woas doas is,
ar kriegt de Antwurt druff o ganz gewieß:
Kehr ock mol bei uns ei und du wirscht sahn,
kee schinner Durf uff Ardn konn´s mie gahn
su zwischn Bargn drinne, zwischen Beem,
´s is unsis liebis alis Taubnheem!

Richard Wünsche (1900 - 1974)

(Wo der Taubenberg so ins Tal schaut
und der Wacheberg gerade rüber zu sehen ist
und die Spree, die schlängelt sich so im Tale
ein schöner Fleckchen Erde gibt es glaub ich gar keins mehr.

Ob der Grünhut oder das Niederdorf,
ob Neutaubenheim oder das Oberdorf,
ganz ... steht da Haus an Haus
das ganze Dorf, es sieht so friedlich aus.

Gehst du am Abend einmal den Gutweg raus,
auf der Bank oben am Wald ruhst du dich ein bisschen aus,
und du guckst einmal so ins Tal hinab,
da wird dir um´s Herz - du weißt nicht wie.
In die Gedanken kommt es dir langsam,
dass das so ist und dabei bleibt.

Fragt einer einmal danach, was es ist,
der kriegt eine Antwort darauf ganz gewiss:
Kehr doch mal bei uns ein und du wirst sehen,
kein schöner Dorf auf Erden kann es mehr geben,
so zwischen den Bergen, zwischen den Bäumen,
das ist unser liebes Taubenheim!)

Abernmauke
Mir ann Schwoapps, dir ann Schwoaps!
Heute hoam mer Abernboapps.
Mauke har, Mauke hie,
Mauke immer mih!
Rindfleeschbrihe gibt´s derzu,
Oogn druffe - ne oack su.
Feste tunk mer mittlst rei
A de schiene brihe nei:
Abernboapps, su a Boapps
Su a Abernboapps!

von Herbert Andert aus dem Buch "´s gibt sicke und sicke", Hrsg.: Rat des Kreises Löbau, Abteilung Kultur, 1986.

"Uffn Gierschdurfer Schissn ham mer ´sch Karussl zerrungst und darnohoarne gab´s Abernmauke!"
(Auf dem Neugersdorfer Rummel haben wir das Karussel kaputt gemacht und nachher gab´s Kartoffelbrei!")


De richtsche Aussproche


`s koam amol enner zu mir, woas kenner aus dr Äberlausitz woar. Dar wullte uff Äberlausitzsch woas viertroin, und ich sullt`s`n waaigen dr Aussproche ieberhiern. Ich soite: "Na, do mach oack lus!" Und a fing oa. A hoatte aber`n Zungnschlag ne richtsch weg und kunnte sei Schmeckelappel ne, wie`ch`s gehirrt, an Maule rimwelkern. Dermitte kloang oalls su troige. `s woar kee Soaft hinne. "Halt!" soite iech, "woart amol! Do miß mer irschte a poar Vuriebungn machen derzu. Soit amol: Rhoaboarber!" Nur soite jerr: "Rhabarber." "Nee, doas is kenner, dar a dr Äberlausitz gewachsen is. Aber´s moag amol gutt senn dermitte. Do hoa`ch Euch nu woas ufgeschriebm. Iech war`sch Euch vierlasn; doas last´r derno anooch: A Rupperschdurf, do rissen de Riepel Riesler-Reinhulds Runkelriebm raus, und a Reinsch-Richard ruten Rampler-Rusen-Ranken ruppten die Räkel o noa droa rim!" Nu loas dar`sch. Aber dos woar goar ne, oas wenn doas Rupperschdurfer Riepel gewaast wärn. "Nee", soite iech, "su klingt doas ne. `s fahlt abm dr Soaft. Nu last mer amol doas vier, woas`ch do ufgeschriebm hoa: "Lucke-Lobel, Lurenz-Laberecht und Liebschersch-Lui a Leckerschdurf gihn a leisen Laderloatschen und lussen`ch lange schune lange Loden wachsen!" Nu loas dar`sch vern Blaatel oab, wie´s abm enner macht, dar aus Zschitzewitz is.- "Richtch is ne, aber mir missen wetter. Soit amol `Wojn`!" - "Woahn." Iech schuttelte mit´n Kuppe und meente: "Nu soit amol de Mehrzoahl `Waajne`!" - "Waahne." - "Lußt`s gutt senn! Euer Waajne senn ne geschmärt! Sprecht amol `Abernkoallchel!" - "Abernkäuchel." - "Nee, nee!"

Satt´r, do woar amol enner, dar is vill Juhre a Amerika gewaast. Wie a na zwanzch Juhrn heem koam, hot`n niemand mih derkannt - ne amol sei Schulfreund Bihms-Fernand. Do hot dar Fremde gesoit, Bihms-Fernand sällt`n oack amol noa woase froin vu jesfahrten. Bihms-Fernanden schuuß a Bloat, und a meente: "Soit amol `Abernkoallchel`!" Und do soite dar Fremde ganz naturgetreu "Abernkoallchel". Do fiel`n Bihms-Fernand im Hoals und meente ganz geruhrt: "Anu gleeb`ch`s! Itze bist`s!" Und nu soit ihr oalle amol "Abernkoallchel". Seid`r`sch oder seid`r`sch ne? Wams ne gegan is, dar brett´s abm ne. `s muss oageburn senn.

Herbert Andert: Rudolf Gärtner. In: Anne Fuhre Freede aus dr Äberlausitz.
aus: http://de.wikipedia.org/wiki/Oberlausitzer_Mundart

Weitere Beispiele:
http://www.sohland-spree.de/kult/mundart.htm#gedichte

Am schönsten ist jedoch ist die Weihnachtsgeschichte, in der Oberlausitzer Mundart niedergeschrieben von Herbert Andert*

De Weihnachsgeschichte
Auszug

Ver villn villn Juhrn is amol a Kaiser gewaasr. Dar hutte gesoit, oalle Leute mißtn´ch a de "Steuerlistn" eitroin lussn. A jerr Zeit hieß doas: Se mißtn´ch "schätzn lussn". Derwaajl sullte a jeds durtehie gihn, wu a geburn woar. Gutt gesoit! Aber fer vill Leute woar doas goar ne su lechte. Do woarn weche drunder, die mißtn an sihre, sihre weitn Waajg loofm oder uffn Äsl reitn. Zu dan dichn gehirrten o dr Joseph und seine Frooe, woaas de Maria gewaast is. Beede woarn se a Nazaretz derheeme. Doas is anne Stoaadt durte hunn a Galiläa - nu, wie sull´ch soin - erne su gruß wie unse Sitte.
Die zwee beedn sulltn nu bis uff Betlehem reesn. Wie gesoit, ´s woar a sihre weiter Waajg, und fer de Maria woar´sch anne geduppelte Plogerei. Die woar, wie mer su soin, a andern Umstänn. Se toat uff a klee Kindl lauern. Nu, glei su gutt, de beedn senn lusgezoin und senn o bis uff Betlehem hiegekumm. Aber nu denkt´ch oack Ding! Woaas do fer anne Menschheet underwajgs gewaast is! Nu sucht oack a su enn Gewürge a Wirtshaus zun Iebernachtn. Ieberoaale hoot´ch Joseph befroit. Ieberoaale woaar schune oalls geroappelte vul. ´s woar nerne anne Bleibe zu finn. Uff de Letztn huttn´s beede urndlch dicke. ´s Moariechl lahnt´ch a de Zaumstacheetn droaa, und a poaar Tranl kullert´n aus´n Oogn: "Iech koann ne mih wetter!", boarmt se. "´s gitt ne mih! Woaas sull oack warn?" Joseph wischt´r de Tranl oab und meente druf: "Durte hiebm is a Stoaal. Weßt de, Moaria, mir krichn beede minander durte a doas aale Geniste. ´s wird fer uns beede wull noa a Fleckl senn. Und wu de Viecher hinne senn, do is wingstns schiene woarm." Dr Moaria woar´sch raajcht. Se nickte, und beede machtn´ch a dan Stoaal rei.
´s woar finster a dan Luche hinne. Joseph toat anne Stoaalllaterne oaazinn und hullt´ch anne Schitte frisches Hoawerstruh azu. Uff eemol wuschberte de Moaria ganz leise und benumm: "Iech gleebe, ba mir is su weit..." Joseph woar tutsderrschroackn. Goanz oalleene a dan fremdn Viecherstoaal und nerne keene Hilfe ne! Fix brucht a anne leere Futterkrippe azu und lähte weeches Hoawerstruh rei. Wie oalls verbei woar, do loag a dr Krippüe a klee Würml hinne, a klenner Brillerch. Dar stroamplte mit´n Benn und mit´n Ärmln und machte ann lautn Gauzerch. Wie hoann´ch do de beende Aaln, dr Joseph und de Moaria, gefräht!


* veröffentlicht in der Lokalausgabe Zittau der Sächsischen Zeitung am 24. Dezember 1992.


Im Oberlausitzer Verlag und im Lusatia Verlag sind verschiedene Bücher zum Oberlausitzer Dialekt erschienen:

Oberlausitzer Verlag:

www.oberlausitzer-verlag.de

Lusatia Verlag:

www.lusatiaverlag.de


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